(K)ein Herz für Tierärzt*innen: hoher Stresslevel im Job

Tiermedizin ist körperlich und seelisch fordernd. Das schlägt sich in der psychischen Gesundheit der Beschäftigten nieder.

An welche Berufe denken Sie beim Stichwort Stress? Börsenmaklerinnen? Lehrer? Gesundheitspersonal? Bei Letzterem liegen Sie ziemlich richtig (und bei den anderen vermutlich auch nicht ganz falsch). Unter den Gesundheitsprofis sind besonders jene betroffen, die Tiere behandeln: In einem aktuellen Studienreview zeigen alle (!) berücksichtigten Studien eine hohe Stressprävalenz in der tierärztlichen Praxis. Das hat Folgen: Das Risiko für Burn-out, Depression und Suizid ist bei Veterinärinnen und Veterinären höher als in der Allgemeinbevölkerung, und auch höher als in anderen Berufsgruppen.

Zwar schätzt das Forschungsteam die Qualität der 21 eingeschlossenen Studien aus neun Ländern durchweg als eher schwach ein. Ihre Ergebnisse deuten trotzdem sehr durchgängig darauf hin, dass die Arbeitsbedingungen ein hohes Risiko für psychische Probleme bedingen. Besonders betroffen sind Tierärztinnen – was bei dem hohen Frauenanteil in der Berufsgruppe zu denken gibt. Das Review vermutet hier strukturelle Ursachen, wie die Kombination aus langen Arbeitszeiten und Rufbereitschaften in Verbindung mit familiären Belastungen.

Eine Studie fand bei 40% der Teilnehmenden moderate Burn-out-Symptome, bei 1,7% schwere Symptome. Das ist deutlich mehr als in humanmedizinischen Berufen. Schlecht schneidet die Tiermedizin auch bei der Resilienz ab. Diese wiederum hängt stark von der psychischen wie der physischen Gesundheit ab – und die tierärztliche Praxis ist körperlich sehr fordernd und mit einem hohen Verletzungsrisiko behaftet.

Die Teilnehmenden der Studien sahen vor allem in langen Arbeitszeiten eine Ursache für beruflich bedingten Stress. Könnte man die reduzieren – und die Rufbereitschaften möglichst noch dazu –, wäre aus ihrer Sicht schon viel gewonnen. Kleintier-Docs gaben in einer qualitativen Untersuchung aus den USA außerdem Bindungsverlust und Traumata als wichtige Ursache für Depressionen und Suizidalität an.

Auch Lösungsvorschläge werden in einigen Studien behandelt. Sie propagieren eine Kombination aus strukturellen Verbesserungen (wie Bereitschaftsdienst-Kooperationen lokaler Praxen und Schulungen zur Kommunikationsfähigkeit), Resilienzförderung und Angeboten für Menschen mit psychischen Problemen.

Quellen

Pohl R, Botscharow J, Böckelmann I, Thielmann B: Stress and strain among veterinarians: a scoping review. Ir Vet J 2022; 75: 15

 

NP-DE-MLV-BRFS-230002, Feb. 2023