Herzinfarkt, Schlaganfall: Herz-Kreislauf-Krankheiten sind zu Recht gefürchtet; sie sind weltweit Todesursache Nummer 1 und verantwortlich für zahlreiche Krankheitsjahre. Viel wird deshalb für die Prävention getan – auch am Arbeitsplatz. Mit gesunder Ernährung, ausreichend Bewegung, Rauchstopp und einem guten Umgang mit Stress können Krankheiten verhindert oder ihr Verlauf abgemildert werden. Nun ist zu den altbekannten Faktoren ein neuer dazugekommen: die Impfung gegen Influenza.

Schon länger ist bekannt, dass zu den zahlreichen extrapulmonalen Komplikationen der Influenza auch ischämische Herzerkrankung und Schlaganfall gehören. 2018 berichtete eine kanadische Arbeitsgruppe im New England Journal of Medicine gar über eine bis zu 10-fach erhöhte Rate an Myokardinfarkten in den ersten sieben Tagen nach einer bestätigten Influenzainfektion. Als Ursache werden verschiedene Effekte der Virusinfektion vermutet, darunter die Freisetzung von Zytokinen mit gerinnungsfördernden Effekten und eine Sympathikusaktivierung.

Die Schutzimpfung gegen Influenza kann deshalb (auch) vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. In einer argentinischen Studie gelang es sogar in der Akutsituation bei Patient*innen mit frischem Myokardinfarkt, durch eine Influenza-Impfung die Mortalität von 8% auf 2% zu senken.

Da der komplette Impfschutz sich erst im Verlauf von Tagen und Wochen aufbaut, ist der Schutz vermutlich noch sehr viel besser, wenn die Immunisierung vor einem ischämischen Akutereignis erfolgt. Ein Team um die australische Epidemiologin Raina MacIntyre vergleicht die präventive Wirkung der Influenza-Impfung (15–45%) gar mit den Effekten von Rauchstopp (32–43%), Statinen (19–30%) und einer antihypertensiven Behandlung (17–25%).

Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen saisonale Influenza für alle Personen ab 60 Jahren sowie alle mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung, außerdem Menschen mit einem besonderen beruflichen Risiko, sich selbst oder andere anzustecken. Die WHO hat 2003 als Ziel vorgegeben, bis 2010 eine Durchimpfungsrate von 75% in der älteren Bevölkerung zu erreichen.

Auch wenn die Corona-Pandemie vielerorts das Bewusstsein für die Bedeutung eines guten Impfschutzes gestärkt hat und viele Länder deutlich gestiegene Impfraten verzeichnen, verfehlt vermutlich selbst die Mehrheit der OECD-Staaten bis heute das 75%-Ziel. Für die meisten (darunter Deutschland) liegen noch keine Daten für 2020 vor. Im Vorjahr lag hierzulande die Impfrate mit knapp 39% sichtbar unter dem OECD-Schnitt. Um an die 75%-Marke heranzukommen, ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten – nicht nur, aber auch in der Arbeitsmedizin.